Neumühl, Kreis
Löwenberg
- überarbeitete und erweiterte
Version* -
Bei der Beschäftigung mit der
evangelischen Kirchengeschichte von Wünschendorf begegnete mir zum ersten Mal
der Name Neumühl in dem Literaturtitel „Schriftlicher Zuruf an meine Zuhörer in
Wünschendorf, Matzdorf, Riemendorf und Neumühl“ von Pastor Johann Friedrich
Feige, gedruckt 1791. Leider ist diese Veröffentlichung in keiner Bibliothek zu
finden, und so gab mir die Ortschaft Neumühl Rätsel auf. Auf meine Fragen nach
Neumühl bekam ich Antworten wie „Neumühl? Nie gehört“ und „Neumühl im Kreis
Löwenberg? Gab es das?“.
In der
„Geographisch-statistisch-geschichtlichen Uebersicht
des Löwenbergschen Kreises in Schlesien“, 1825, fand
ich endlich den ersten Hinweis: „Neumühl, siehe Riemendorf“ und unter
Riemendorf:
„Eine Viertelstunde südöstlich vom
Dorfe, dicht am jenseitigen Boberufer liegen: 1 Bauergut, 1 Gärtnerstelle und
ein Haus von Riemendorf, welche den besonderen Namen Neumühl und ein besonderes
Hypothekenbuch führen.“
Das „Heimatbuch des Kreises
Löwenberg in Schlesien“ lieferte mir dann die endgültige Erklärung:
„Neumühl, im Becken der
Bobertalsperre versunkene kleine Kolonie von Riemendorf“
Neumühl war also eine Kolonie von
Riemendorf mit drei Grundstücken, die dem Bau der Bobertalsperre bei Mauer
1904-1912 weichen musste. Interessante Geschichte, aber so klein der Ort war,
so wenig gab es über ihn zu berichten und so selten wurde er in Literatur für
erwähnenswert gehalten. Daher konnte ich auch nicht herausfinden, wann die
Kolonie gegründet wurde. Immerhin regt der Name und
die Lage am Bober zu der Überlegung an, dass es sich hierbei ursprünglich um
eine Mühle gehandelt hat, und tatsächlich findet sich in den Boberröhrsdorfer
Kirchenbüchern aus der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts die Ortsbezeichnung
„von der Neuen Mühle“. Bestätigt wird diese Überlegung auch dadurch, dass bei
den Gebäudesprengungen in Neumühl aufgrund des Talsperrenbaus ein altes Mühlrad
gefunden wurde.
Geschichtliche Informationen über
Neumühl kann ich mangels schriftlicher Nachrichten also nicht liefern, aber
durch Auswertung der wenigen vorhandenen Wünschendorfer Kirchenbücher sowie
Zufallsfunden in Kirchenbüchern anderer Gemeinden ist es möglich, zumindest
zeitweise die Besitzer der Grundstücke aufzuzeigen. Außerdem verdanke ich Frau
Irmgard Daniel aus Gummersbach und Frau Edith Seeliger aus Erbland, beide
Nachkommen von Neumühler Familien, Informationen über
die letzten Besitzer.
Die in Neumühl ansässigen Familien
scheinen über die Jahrhunderte dem evangelischen Glauben treu gewesen zu sein,
und waren damit nach Wünschendorf eingepfarrt. Nach
Beendigung der Gegenreformation und Wiedereinrichtung eines evangelischen
Kirchensystems in Wünschendorf Ende 1741 fanden die meisten kirchlichen Amtshandlungen
im Bethaus statt, und die Verstorbenen wurden auf dem dortigen Friedhof
beigesetzt.
Nach Einführung der Standesämter in
Schlesien am 01.10.1874 gehörte Neumühl zum Standesamt in Matzdorf.
Die Häuslerstelle:
Friedrich Seeliger
ist mir als ältester Häusler in Neumühl bekannt; als seine Tochter Sibylla am
08.11.1699 den Gärtnerssohn Abraham Friedrich aus
Riemendorf heiratet, war er bereits verstorben. Wahrscheinlich handelt es sich auch
um diesen Friedrich Seeliger, der bei Trauungen in
den Jahren 1682 und 1685 als Fischer und im Jahr 1692 als verstorbener Inwohner
in Neumühl genannt wird.
Die nächste Angabe zum Besitzer der
Häuslerstelle ist vom 27.07.1713, als Christoph Friedrich als Häusler in
Neumühl die Patenschaft für Gottlieb Hilger, Sohn des Inwohners und späteren
Besitzers der Gärtnerstelle Christoph Hilger übernimmt; am 03.08.1718 wird
Christoph Friedrich, Häusler in Neumühl, Pate für einen anderen Sohn von
Christoph Hilger. Am 15.10.1719 heiratet Anna Maria Friedrich den Junggesellen
Christoph Feige, Häuslersohn auf Berthelsdorf. Anna
Marias Vater ist ebenfalls der Häusler Christoph Friedrich.
Die weitere Besitzfolge bleibt über
mehrere Jahrzehnte im Dunkeln, bis Gottfried Seeliger
am 25.10.1770 am Bruchschaden im Alter von 67 Jahren, 7 Monaten und 1 Tag als
Häusler in Neumühl stirbt und am 29.10.1770 in Wünschendorf beigesetzt wird.
Als nächstes widerfährt Johann
Gottlieb Seeliger als Freihäusler in Neumühl das
Schicksal, dass sein Sohn, nur „21 Wochen weniger 1 Tag alt“, am 28.07.1789 an
der „innerlichen Krankheit“ verstirbt.
Für den folgenden Zeitraum stehen
keine Kirchenbücher zur Verfügung, so dass erst wieder auf die Riemendorfer Unterlagen des Katasteramtes in Löwenberg
zurückgegriffen werden kann: in einer Aufstellung vom 20.06.1864 ist als
Besitzer der Gärtner Karl Gottlob Schindler genannt, mit dem Vermerk:
„Häuslerstelle, weggerissen“; in der entsprechenden Aufstellung vom 02.04.1865
wird dieses Grundstück nicht mehr erwähnt.
Die Gärtnerstelle:
Am 01.11.1682 heiratet Rosina Seeliger, Tochter des Gärtners Merten Seeliger
aus Neumühl, den Junggesellen Wentzel Neumann aus
Spiller. Weitere Informationen über Merten Seeliger
gibt es allerdings nicht. Es ist auch nicht zu klären, wann der Besitzwechsel
von der Familie Seeliger auf die Familie Hilger
erfolgte.
Der nächste bekannte Besitzer
Christoph Hilger durfte die folgenden Trauungen seiner Kinder erleben:
- sein Sohn Gottfried heiratet am
13.05.1696 Justina Lorentz, eine Häuslerstochter aus
Boberullersdorf
- sein Sohn Christoph heiratet am
07.05.1702 Maria Baumgarten, Vorwerksmannstochter
aus Riemendorf
- seine Tochter Rosina heiratet am
08.11.1707 Friedrich Baumert (Baumgarten), Vorwerks-
mannssohn aus Riemendorf
Im Carolinischen
Kataster von 1722 wurde „Christoph Hilligers
Boberberg, deßen Spitzberg“ aufgeführt.
Eine Trauung am 07.09.1727 von
Friedrich Hilger, dessen Vater wiederum als Gärtner Christoph Hilger angegeben
ist, kann nicht eindeutig zugeordnet werden. Als Sohn des vorgenannten
Christoph würde es bedeuten, dass dieser sehr spät noch diesen Sohn Friedrich
bekommen hat; das würde auch heißen, dass der Gärtner Christoph Hilger erst
nach September 1727 verstorben wäre. Ein Sohn des nächstgenannten Christoph
kann er deshalb nicht sein, weil dieser einen Sohn namens Friedrich hat, der
erst 1722 getauft wurde. Dieser Friedrich Hilger aus Neumühl hat 1738 in der Hirschberger Gnadenkirche die Tochter Anna Regina taufen
lassen. Da sich diese Taufe nur aus dem alphabetischen Register ergibt und das
entsprechende Taufbuch nicht mehr vorhanden ist, lässt sich dazu nichts
Genaueres sagen, vor allem nicht zu seinem Beruf.
Christoph Hilger, der am 07.05.1702 Maria
Baumgarten geheiratet hat, ist der Nachfolger seines Vaters Christoph; er starb
vor Oktober 1741 und hatte folgende Kinder:
1. Christian Hilger wird am
30.06.1709 in der Hirschberger Gnadenkirche getauft
(Eintrag im
katholischen Kirchenbuch von Wünschendorf am 27.06.1709), und heiratet
am 22.06.1742
Elisabeth Scholz, eine Bauerstochter aus
Tschischdorf.
2. Die Taufe von Judith Hilger wurde
am 26.01.1712 im katholischen Kirchenbuch Wün-
schendorf eingetragen.
3. Gottlieb Hilger wird am 28.07.1713
in Hirschberg getauft (Eintrag im kath. Kirchenbuch
Wünschendorf am 27.07.1713) und heiratet am 22.10.1741 Anna Rosina Wersig aus
Wünschendorf.
4. Wieder eine Tochter namens
Judith, Taufe eingetragen im kath. Kirchenbuch Wünschen-
dorf am
13.09.1715.
5. Johann Christoph Hilgers Taufe
wird am 03.08.1718 im kath. Kirchenbuch Wünschendorf
eingetragen.
Bei den bisherigen Taufen wurde
Christian Hilger im kath. Kirchenbuch von Wünschendorf als Inwohner in Neumühl
genannt, erstmals bei der folgenden Taufe in der evang. Gnadenkirche in
Hirschberg 1722 wurde er als Gärtner eingetragen.
6. Friedrich Hilger wird am
18.08.1722 in Hirschberg getauft; seine Trauung konnte nicht ge-
funden werden.
7. Über George Hilger gibt es nur
die Information, dass er bei der Trauung seines Bruders
Christian im Jahr 1742 zusammen mit dem anderen Bruder Gottlieb
Trauzeuge war.
Die Taufen in den 1740er Jahren
geben uns für die Besitzfolge der Gärtnerstelle erneute Rätsel auf: am
30.09.1744 wird ein Kind namens George Friedrich getauft, dessen Eltern mit
Johann Christoph Hilger, Gärtner in Neumühl, und Rosina Walpert
angegeben sind. Am 21.08.1746 lässt das Elternpaar George Friedrich Hilger,
Gärtner in Neumühl, und Rosina Walpert ein Kind,
dessen Namen nicht eingetragen wurde, taufen. George Friedrich könnte der
dritte oder vierte Sohn von Christoph Hilger sein. Da 1746 der Name des
Täuflings fehlt, liegt die Vermutung nahe, dass bei der Taufe 1744 die Namen
des Kindes und des Vaters vertauscht wurden.
Was aus dem Gärtner-Ehepaar George
Friedrich Hilger und Rosina, geb. Walpert, geworden
ist, wird wohl nicht mehr zu ermitteln sein; fest steht aber, dass kurz darauf
der älteste Bruder Christian Hilger Gärtner in Neumühl war. Bereits am
18.11.1749 lassen der Gärtner Christian Hilger und seine Ehefrau Anna
Elisabeth, geb. Scholz aus Tschischdorf die Tochter Anna Rosina taufen und am
03.05.1754 folgte die Taufe des Sohnes Johann Philipp; er begegnet uns 1775 als
Junggeselle und Gärtner in Riemendorf. Ein weiterer Sohn namens Gottfried wird
am 21.02.1756 um 15:00 Uhr geboren und am selben Tag getauft; er stirbt am
24.03.1768 „an heftigen Colica Schmerzen“ und wird am
26.03.1768 beigesetzt. Gemäß seinem Begräbniseintrag wurde er 23 Jahre, 3
Monate und 3 Tage alt, was aber im Widerspruch zu seinem Taufeintrag steht. Bei
einer Taufe im März 1771 wird die Patin Anna Regina Hilger als älteste Tochter
des Gärtners Christian Hilger genannt.
Der Gärtner Christian Hilger stirbt
am 20.01.1772 um 06.00 Uhr im Alter von 62 Jahren, 6 Monaten und 23 Tagen an
Seitenstechen und Schlagfluss und wird am 24.01.1772 auf dem Wünschendorfer Friedhof beerdigt.
Seine Witwe, die in ihrem
Begräbniseintrag erstmals Anna Elisabeth genannt wird, verstirbt am 29.11.1782
im Alter von 60 Jahren und 25 Tagen, indem sie „auf
dem Mazdorfer Kirchberge im Zuhause gehen vom Wochen
Gottesdienste, und gehaltener Communion Andacht
nieder gesunken und an einem Schlagfluß ihr Leben in
einem Augenblicke geendiget“; sie wird am 02.12.1782
beigesetzt.
Der nächste Besitzer war Johann
Christian Hilger, vermutlich auch ein Sohn von Christian und Elisabeth. Im März
1779 ist er als Junggeselle und Gärtner in Neumühl genannt, kurz darauf muss er
geheiratet haben, denn am 22.06.1780 lassen er und seine Frau Anna Rosina, geb.
Seeliger den Sohn Johann Siegmund taufen, am
17.05.1783 verstirbt seine Tochter Anna Maria im Alter von 23 Tagen und 7
Stunden, und am 20.11.1784 sein einziger Sohn namens Johann Heinrich an
Leibschneiden, Herzdrücken und Epilepsie im Alter von 4 Monaten, 15 Tagen und
18 Stunden.
Danach gibt es für die Gärtnerstelle
den Hinweis auf einen Besitzer namens Johann Philipp Hillger,
der bereits verstorben war, als
- sein dritter Sohn Christian
Benjamin Hillger (28 Jahre alt) am 05.05.1818 die
Witwe Anna
Rosina Schneider aus Boberröhrsdorf am
05.05.1818 und
- sein jüngster Sohn, der Fischer
Johann Ehrenfried Hillger (28 Jahre alt), am
12.01.1824 die
Jungfrau Maria Rosina Legner aus Boberröhrsdorf heiratet.
Johann Philipp Hillger
wurde 1818 als „gewesener Gärtner“, 1824 als „gewesener Gärtner und Fischer“
angegeben.
1816 war der Besitzwechsel zur
Familie Schindler vollzogen: am 14.05.1816 heiratet der 31jährige Junggeselle Johann
Sigismund Schindler - Gärtner in Neumühl - in Boberröhrsdorf
Maria Rosina Liebig aus Tschischdorf; Johann Sigismund Schindler ist der
mittelste Sohn des Johann Christoph Schindler, Gärtner und herrschaftlicher
Förster in Tschischdorf.
In der Aufstellung des Katasteramtes
vom 20.06.1864 steht als Besitzer dieses Grundstücks, das die Hausnummer 45
(eingereiht in die Nummerierung von Riemendorf) hat, der Gärtner Karl Gottlob
Schindler, der auch Besitzer der weggerissenen Häuslerstelle ist. Mit Datum vom
02.04.1865 ist ebenfalls Karl Gottlob Schindler genannt, aber hier findet sich
der Nachtrag: „ab 1868 Gustav Hermann Schindler“.
Als nächster Besitzer ist Gustav Seeliger (mindestens ab 1883) bekannt; dass er der direkte
Nachfolger von Gustav Hermann Schindler war, kann nicht mit Bestimmtheit gesagt
werden, ist aber aufgrund des kurzen Zeitabstands anzunehmen.
Gustav Hermann Seeliger,
geboren am 20.10.1856, ist der Bruder von Friedrich Seeliger,
dem letzten Besitzer des Bauernhofes. Er heiratete am 11.03.1884 Auguste Ida
Günther, die am 21.03.1854 in Tschischdorf als Tochter des Bauergutsbesitzer
Johann Gottfried Günther und dessen Ehefrau Henriette geboren wurde; Trauzeugen
waren der Gutsbesitzer Ernst Rösler aus Wünschendorf und der Bruder der Braut
Gustav Adolph Günther. Der Sohn Karl Reinhold wurde am 14.06.1885 geboren und
am 21.06.1885 getauft, verstarb aber in jungen Jahren. Der zweite Sohn Reinhold
Oswald wurde am 16.10.1887 geboren und am 13.11.1887 getauft.
Gustav und Auguste Seeliger mussten durch den Talsperrenbau ihr Haus verkaufen
und mit dem Sohn Reinhold nach Tschischdorf umsiedeln; dort verstarb Gustav
1932 und seine Frau Auguste im darauf folgenden Jahr.
Das Bauerngut:
Als ältesten Besitzer kann ich Hans Seeliger nennen; dieser war mit Kindern reich gesegnet und
verstarb zwischen Oktober 1695 und Mai 1699.
Von den Taufen seiner Kinder ist nur
die Tochter Christina bekannt, die Hans Seeliger und
seine Frau Helena am 13.09.1681 in der Grenzkirche Nieder-Wiesa
vornehmen lassen haben.
Die Trauungen seiner Kinder sind:
- seine Tochter Maria heiratet am
25.10.1693 Heinrich Ludwig, Bauerssohn aus Riemendorf
- seine Tochter Rosina heiratet am
09.10.1695 Heinrich Dittrich, Häuslerssohn aus Johnsdorf
- sein Sohn Gottfried heiratet am 24.05.1699
Maria Rüffer, Gärtnerstochter
aus Tschischdorf
- seine Tochter Justina heiratet am
25.10.1699 Christoph Scholtz, Bauerssohn
aus
Tschischdorf
- sein Sohn Christoph heiratet am
24.07.1701 Regina Siebenhaar, Bauerstochter aus
Bober-
ullersdorf
- seine Tochter Susanna heiratet am
06.11.1701 Melchior Rayner, Bauerssohn
aus Mauer
- seine Tochter Christina heiratet
am 08.10.1702 George Latzke, Gärtnerssohn
aus Mauer
- seine Tochter Sibylla heiratet am
13.07.1704 David Hentschel, Gärtner und Witwer in
Tschischdorf
- sein Sohn Johann George heiratet
am 11.10.1718 Anna Maria Baumert, Bauerstochter
aus Spiller
Christoph Seeliger,
der nächste Bauer in Neumühl, und seine Frau Regina, Tochter des Bauern und
Gerichtsgeschworenen Gottfried Siebenhaar in Boberullersdorf,
die 1701 geheiratet haben, lassen in der Hirschberger
Gnadenkirche am 09.02.1712 (Eintrag im kath. Kirchenbuch Wünschendorf am
04.02.1912) den Sohn Christoph und am 21.01.1716 (Eintrag im kath. Kirchenbuch
Wünschendorf am 20.01.1716) die Tochter Anna Rosina taufen. Der Sohn Johann
Gottfried, der später den Bauernhof übernimmt, muss älter sein, denn er wird
bereits 1725 getraut.
Im Carolinischen
Kataster von 1722 lesen wir „Christoph Seeligers
Boberberg, deßen Spitzberg, Förderberg, Winkamp, Mühlberg“.
Christoph Seeliger
begegnet uns noch am 14.05.1728 als Taufpate von Christoph Heinrich, Sohn des
Inwohners Gottfried Siebenhaar aus Ullersdorf.
Johann Gottfried Seeliger,
der folgende Besitzer des Bauerngutes, heiratet am 04.11.1725 Rosina Hader,
Tochter des Gärtners Heinrich Hader aus Riemendorf. Diese Familiengeschichte
kann nicht nachvollzogen werden; wir wissen nur, dass Rosina Seeliger am 27.02.1780 um 08.00 Uhr als Witwe des
verstorbenen Bauers Gottfried Seeliger im Alter von
74 Jahren, 8 Monaten und 12 Tagen verstirbt. Da der nächste Besitzer wieder ein
Johann Gottfried Seeliger ist, handelt es sich
wahrscheinlich um einen Sohn der beiden.
Der folgende Bauer Johann Gottfried Seeliger und seine Ehefrau Anna Rosina, geb. Hielscher aus
Wünschendorf hatten eine Tochter namens Anna Rosina, die am 15.12.1755 um 16:00
Uhr geboren und am folgenden Tag im evangelischen Bethaus in Wünschendorf
getauft wurde. Die Tochter Maria Elisabeth wurde am 20.09.1766 um 08:00 Uhr
geboren und am 21.09.1766 getauft, die Tochter Anna Catharina erblickte am
15.04.1768 um 16:00 Uhr das Licht der Welt und wurde zwei Tage später getauft.
Danach mussten sie zweimal den Schicksalsschlag erleben, dass ihre Kinder notgetauft werden mussten und kurz darauf verstarben: am
02.06.1770 wurde die Tochter Susanna um 13.00 Uhr geboren und verstarb eine
halbe Stunde später, am 19.04.1775 war es der Sohn Gottfried, der nur eine
Viertelstunde alt wurde.
Anhand von Patenschaften, die die
Kinder von Johann Gottfried Seeliger übernahmen,
erfahren wir noch, dass Gottlieb Seeliger 1774 und
1776 der einzige Sohn und dass Anna Maria (1775, 1776, 1777, 1779) die älteste
Tochter war. Diese Anna Marie Seeliger heiratete nach
August 1779, als sie noch als Jungfrau angegeben wurde, den Inwohner Johann
Heinrich Hoffmann in Wünschendorf, dem sie am 19.07.1780 das erste Kind Johann
Gottlob gebar. Die Tochter Anna Rosina (geb. 15.12.1755) blieb bis mindestens
02.08.1781 unverheiratet und auch die Tochter Maria Elisabeth (geb. 20.09.1766)
wurde als Taufpatin am 21.02.1781 noch als Jungfrau genannt.
Dieser Johann Gottfried Seeliger war bis mindestens 1780 Bauer in Neumühl, denn er
übernahm 1771, 1773, 1775, 1777, 1779 und zuletzt am 28.08.1780 die
Patenschaften von Kindern des Bauern Gottfried Hielscher aus Wünschendorf.
Die folgenden Jahrzehnte bleiben
auch hier im Verborgenen, bis das Katasteramt in Löwenberg in den Namensverzeichnissen
mit Datum vom 20.06.1864 und 02.04.1865 den Bauern Ernst Gottlob Seeliger als Grundbesitzer unter der Haus-Nr.
44 nennen.
Ernst Gottlob Seeliger
heiratete Johanne Beate Schindler und zeugte mit ihr vier Kinder:
- Gustav Hermann, geb. am
20.10.1856; der spätere Besitzer der Gärtnerstelle
- Friedrich Wilhelm, geb.
08.07.1859; heiratet am 28.07.1885 als Bauergutsbesitzer in
Tschischdorf Marie Ernestine Auguste Friedrich aus Hußdorf
- Friedrich Hermann, geb. am
30.09.1861; der nächste Besitzer des Bauerngutes
- Ernestine Auguste Emma,
geb. am 06.07.1865; heiratet am 15. Oktober 1889 den Vor-
werksbesitzer Julius Hermann Biesner aus Alt-Kemnitz
Woher die Mutter Johanne Beate Seeliger, geb. Schindler (Frau von Ernst Gottlieb) stammt,
ob sie möglicherweise aus der benachbarten Gärtnerstelle kommt, kann nicht
gesagt werden. Ihr Grabstein befand sich noch im April 2003 auf dem Wünschendorfer Friedhof, im September 2005 war er aber
nicht mehr vorhanden. Er trägt die Inschrift:
Hier ruht im Herrn
Frau Bauergutsbesitz.
Johanne Seeliger
geb. Schindler
aus Neumühl
geb. 8. März 1822, gest. 13. Octbr. 1893.
Sorgen, Mühen, Schaffen war ihr
Leben,
Arbeit ihres Daseins höchste Lust,
Rastlos ihres Geistes edles Streben,
Liebe wohnte stets in ihrer Brust.
Friedrich Hermann Seeliger übernahm den Bauernhof seines Vaters. Er heiratete
am 09.03.1890 standesamtlich und am 11.03.1890 kirchlich Auguste Pauline
Gärtner, die am 26.05.1863 in Tschischdorf als älteste Tochter des
Bauerngutsbesitzers Johann Karl Heinrich Gärtner und seiner Frau Christiane
Beate, geb. Gottwald, geboren wurde. Aus der Ehe gingen sechs Kinder hervor:
- Karl Bruno, geb. am
23.12.1890, get. am 02.02.1891
- Wilhelm Oskar, geb. am
06.01.1893, get. 05.02.1893
- Friedrich Herrmann, geb.
28.11.1893, get. 17.12.1893; die Randbemerkung im Taufbuch
lautet: „Bei der Taufe krank und schwach. Gestorben am 18ten Dezember
1893“
- Paul Richard, geb. am
25.01.1895, get. 05.03.1895
- Fritz Oswald, geb. am
17.03.1896, get. 06.04.1896, gefallen 02.10.1916 in Lemberg
- Ida Selma, geb. am
06.03.1898, get. 11.04.1898
Diese Familie musste den Untergang
ihres Besitzes und der Kolonie Neumühl erleben. Sie fanden frühzeitig ihre neue
Unterkunft in Tschischdorf, wo Friedrich Seeliger am
21.09.1938 und seine Frau Pauline am 31.12.1944 verstarben.
Bis zur endgültigen Räumung der
Kolonie Neumühl scheint Friedrich Seeliger sein
Bauerngut an Karl Grimmig verpachtet zu haben; dieser wird bei der Taufe seines
Sohnes Otto Arthur (geb. 06.05.1909) am 20.05.1909 als Gutspächter
in Neumühl genannt; seine Frau war Pauline Grimmig, geb. Weist. Noch im selben
Jahr - am 21.10.1909 - brachte deren ledige Tochter Anna Martha ihre Tochter
Hedwig Gertrud zur Welt. Anna Martha Grimmig heiratet am 22.11.1909 den Mineur Vincenz Benedicio, der die Vaterschaft für Hedwig Gertrud
anerkennt.
„Der Bote aus dem Riesengebirge“,
Donnerstag, 18. März 1915
Sonstige Bewohner von Neumühl:
Gottfried Feige war Inwohner in
Neumühl mindestens von Juli 1742 bis April 1746; er und seine Frau Tugendlieb,
geb. Kohlt ließen am 20.07.1742 die Tochter Anna Rosina, am 16.05.1744 die
Tochter Anna Maria und am 11.04.1746 den Sohn Gottlieb taufen.
Christiane Johanne Ketzler verstirbt
am 03.07.1889 im städtischen Krankenhaus von Lähn als ledige Arbeiterin und
Hausbesitzerin in Wünschendorf. Sie hatte einen Bruder namens Carl, der Gärtner
in Wünschendorf oder Riemendorf war, und eine Schwester namens Johanne,
verheiratet mit dem Kammerdiener Bachmann in Matzdorf. In ihrer Sterbeurkunde
sind die Eltern Gottlieb Ketzler, Gärtner in Riemendorf, und seine Frau Johanna,
geborene Bergmann genannt, beide in Riemendorf verstorben. Geboren wurde
Christianes Johanne Ketzler aber im Oktober 1841 in Neumühl.
Johanne Christiane Bachmann in
Matzdorf wurde bei der Taufe der Tochter Anna Bertha am 15.07.1877 als geborene
Ketzler aus Neumühl angegeben.
Hermann Reuner übernahm eine
Patenschaft am 23.05.1880 und wurde als Dienstknecht in Neumühl genannt.
Die unverehelichte Marie Louise Friebe lässt als Bewohnerin von Neumühl am 10.03.1889 ihre
Tochter Anna Marie taufen; sie selbst ist die Tochter der Häuslersfrau
Johanne Christiane Dittmann, verwitwete Friebe in
Matzdorf.
Häufig ist der Bober durch
Schneeschmelzen oder lang anhaltende Niederschläge über seine Ufer getreten, und
hat dadurch Verwüstungen und große Schäden angerichtet. Ende Juli 1897 gab es
besonders verheerende Überschwemmungen, unter denen wieder unzählige
Ortschaften zu leiden hatten. Am 3. Juli 1900 trat das Gesetz zur Verhütung von
Hochwassergefahren in Kraft, woraufhin auch der Bau einer Bobertalsperre bei
Mauer in Angriff genommen wurde.
Des Einen Freud, des Anderen Leid:
die Kolonie Neumühl befand sich an der Stelle des geplanten Staubeckens. Die
Besitzungen wurden an den Provinzialverband von Schlesien verkauft, die Gebäude
gesprengt, und die beiden Familien siedelten 1908 nach Tschischdorf um.
Bei der Sprengung wurde ein altes
Mühlrad gefunden, was auf den Namensursprung von Neumühl = Neue Mühle hinweist.
Leider wird das Vorhandensein dieser Mühle nicht mehr geklärt werden können.
Ihre Existenz muss vor den ausgewerteten Daten ab Ende des 17. Jahrhunderts
liegen, da ab diesem Zeitpunkt keine Personenstandsdaten in Bezug auf einen
Müller bekannt sind.
Eine kleine Erinnerung an Neumühl
blieb durch den Tschischdorfer Flurnamen „Neumühlsteg“, der den alten Weg zur
untergegangenen Kolonie bezeichnete.
Quellen:
- Geographisch-statistisch-geschichtliche Uebersicht des Löwenbergschen
Kreises in Schlesien, T. Heinze, 1825, Nachdruck 1981
- Heimatbuch des Kreises Löwenberg in Schlesien,
2. Auflage, 1925
- Carolinisches
Kataster, 1722 - Staatsarchiv Breslau
- Katasteramtunterlagen Kreis Löwenberg -
Staatsarchiv Hirschberg
- katholische Kirchenbücher Wünschendorf -
Originale Diözesanarchiv Breslau, Verfilmung durch die Kirche Jesu Christi der
Heiligen der Letzten Tage
-
evangelisches Begräbnisbuch Wünschendorf 1765-1790 - Evangelisches
Zentralarchiv Berlin
- evangelisches Taufbuch Wünschendorf 1765-1781 -
Evangelisches Zentralarchiv Berlin
-
evangelisches Taufbuch Wünschendorf 1876-1913 - Staatsarchiv Hirschberg
- evangelische Kirchenbücher Gnadenkirche
Hirschberg - Staatsarchiv Hirschberg
- katholische Kirchenbücher Boberröhrsdorf -
Verfilmung durch die Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage
- evangelische
Trauungsbücher Boberröhrsdorf - Staatsarchiv Hirschberg
- katholische Trauungsbücher Spiller - Verfilmung
durch die Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage
- Standesamt
Lähn Sterberegister - Staatsarchiv Hirschberg
- Magistrat Lähn Totenliste
- Staatsarchiv Hirschberg
- „Der Bote
aus dem Riesengebirge“, Donnerstag, 18. März 1915, Nr. 77, S. 14
- Frau Irmgard Daniel aus Gummersbach;
Informationen über die Bauerfamilie Seeliger und die Fotos der Kolonie Neumühl
- Frau Edith Seeliger aus Erbland; Informationen
über die Gärtnerfamilie Seeliger
* Die erste Ausarbeitung wurde veröffentlicht in der Festschrift des
Heimatbund Kreis Löwenberg e. V. anlässlich des 32.
Heimattreffen des Kreises Löwenberg im August 2004. In der Folge haben
sich viele weitere Erkenntnisse ergeben, die eine Neubearbeitung nach sich
zogen.
Fachwerkgebäude mit Front zum Bober
und
Scheune mit Giebel ebenfalls zum
Bober:
Bauerngut - Friedrich Seeliger
Heiligenstieg 8
37627 Stadtoldendorf
Tel.: 05532 999133
Fax:
05532 972187
E-Mail:
Januar 2010