Denckschrift die, in den am 19ten October 1784 aufgesezten Laubanschen Thurm Knopf,
eingelegt worden ist.
(Die folgenden Aufzeichnungen
stammen aus der Akte „Nachrichten von altertümlichen Denkwürdigkeiten hiesiger
Stadt wie Dokumente etc. 1822-1884“ des Magistrats Löwenberg, vorhanden im
Staatsarchiv in Hirschberg)
Menschen
kommen, ein Strom!
Sie
verrauschen, und andere folgen.
Ossian der Celte.
Gewidmet
Unseren
Nachkommen!
mit dem inbrünstigsten Wunsch, daß der Herr des Weltalls, dir den Himmel ausspannt wie ein
Gezelt, und der Erde Säulen gegründet hat, vor dem
Tausend Jahre ein Tag sind, diese gute Stadt Löwenberg nebst Ihren Bewohnern,
bis zu dem Seinem Rathschluß gefälligen Ziel, mit
Seiner Allmacht beschirmen, und Ihr, Seinen Seegen, edlen
Frieden und beglückte Zeiten verleyhen wolle.
Im Jahr Christi Unsers Heilands, Eintausend
siebenhundert vier und achzig den 19ten October ward dieser, an dem Thore, heutigen Tages, das Laubansche genannt, stehende Thurm,
wiederum völlig ausgebauet, nachdem er seit dem 28ten
Juny 1752. durch die große Feuersbrunst bis auf die
Mauern ausgebrannt gewesen. Zu jener Zeit hatte die Stadt, zweyhundert
drey und siebenzig, und die Vorstädte acht und
achtzig Häuser. Von der Wuth obgedachter,
mittags zwischen zwölf und ein Uhr in dem Hause Nummer 53. am Ringe, damals dem
Landwirth von Glaubitz gehörig, man weiß nicht wie,
ausgebrochene Flammen, sind binnen zwey Stunden in
die Asche gelegt worden,
151. bürgerliche Wohnungen. 7. Hinter
Häuser, die Malteser Commende, aus 4. schönen
Gebäuden bestehend, das Dach der dazu gehörigen Parochial
Kirche, nebst den 2. Thürmen und 7. Glocken, die Creuz Kirche nebst dem Häuschen mit den Todten
Gebeinen; der Laubansche und Bunzlausche
Thor Thurm, 29. Stallungen; auch in der Bunzlauschen Vorstadt die (Fo)rchen Mühle, eine Brett-Schneide und 5. Scheuern. Der
damalige Verlust der ohnehin armen Bürgerschaft betrug 59453. Reichsthaler überhaupt.
Von der ersten Erbauung des jezt restaurirten Thurms mangelt die zuverläßige
Nachricht; höchst wahrscheinlich fällt sie in die Zeiten wo Löwenberg mit
Mauern umgeben wurde, und das muß nach den
Ausführungen des alten Gerichtschreibers Heinrich Roch bereits vor dem Jahre
1248. geschehen seyn.
Anno 1616. den 11ten Februar stürzte
dieser Thurm ein; unten hatte ein Schloßer
seine Werckstatt, der allein zu Hauß
seyende Lehrjunge verkroch sich in die seitwärts
befindliche Feuereße, und wurde ganz unbeschädigt
herausgezogen.
Die Zeit der darauf erfolgten Wieder
Erbauung wißen Wir nicht; daß
er aber vor dem obgedachten Ausbrand
weit zierlicher gewesen, denn jetzo, bezeugen nicht nur viele noch lebende
Personen, sondern auch ein auf dem Rathhauß
befindliches hölzernes Modell, welches laut einer daran seyenden
Schrift, Johann Christoph Galle im Jahr 1701. verfertigt hat, der ein Schuster
gewesen, und zwar wie die Sage gehet, zu Vertreibung langer Weile, indem er jezt unbekannter Ursachen halber im Stockhauß
Arrest halten müßen.
Zu der Zeit in welcher Wir diese Denckschrift aufsetzen, ist Unser Allergnädigster Monarch,
Friedrich der zweyte, König von Preußen, des Heiligen
Römischen Reichs Erz Cämmerer und Churfürst, Obrister Herzog von Schlesien, im drey
und siebenzigsten Jahre Seines glorreichen Alters, und das Herzogthum
Schlesien ist seit dem 16ten December 1740. Seinem
Zepter unterworfen. Daßelbe wird alle Jahre durch
Seine Höchste Gegenwart beglückt, die Ankunft trifft immer den 15ten oder 16ten
Augusti, und die Rückkehr um den 1ten Septembris. Er durchreiset das Land der Länge nach, und
hält Revues über den in Schlesien stehenden Teil
seines Kriegsheeres, deren jede drey Tage dauert;
eine bey Neisse über 15. Bataillons und 25. Esquadrons, die zweyte in der
Gegend Breslau über 18. Bataillons und 50. Esquadrons.
Das Oberhaupt in allen Landes Sachen
ist der Dirigirende Geheime
Staats und Kriegs Minister Herr von Hoym Excellentz; Ihm sind die beyde
Königliche Kriegs und Domainen Cammern
in Breslau und Glogau untergeordnet, zu deren leztern
Bezirck diese Stadt gehöret.
Der hiesige Rath wird von vorbelobtem Herrn Staats Minister gesezt,
und besteht aus den mit ihren Namen und Aemtern, zu
ende eigenhändig unterschriebenen Mitgliedern, die sämtlich evangelisch
lutherischer Religion sind.
Die Einkünfte Gemeiner Stadt werden
unter der Benennung: Cämmerey verwaltet. Bey unseren
Vorfahren hieß es: Renth Ambt.
Die Verwendung der Einkünfte kann nicht ohne Approbation der Hochlöbl. Königl. Kriegs und Domainen Cammer geschehen, an
Welche auch die Rechnungen müßen jährlich
eingeschickt werden.
Die Anzahl der Einwohner erstreckt
sich auf Zwey tausend fünfhundert sieben und neunzig
Seelen, in Stadt und Vorstädten. Häuser sind in der ersten, Zweyhundert
ein und achzig, wovon 245. mit Ziegeln, und 36. mit Schindeln
bedacht; in der lezten, Einhundert und fünf, wovon
27. Ziegel, 78. aber Schindel Dächer haben.
Tuchmacherey ist jezt
der vornehmste ja fast alleinige Nahrungs Zweig,
solche wird von acht und neunzig Meistern betrieben, und seit Jahres Frist sind
Zweytausend dreyhundert
sechs und fünfzig Stück Tücher, das Stück gemeiniglich 32. Ellen lang, 2 ½
breit, und ungefärbt von 13 bis 20. Reichsthaler im
Werth, verfertiget worden. Die gewohnte Klage aller Jahrhunderte: daß schlechte Zeiten seyen,
herrscht auch in dem Unsrigen. Soviel wir aus denen, freylich
nicht häufigen, auf uns gekommenen Nachrichten urteilen können, sind seit der
Mitte des 16ten Saeculi, selten beßere
aber öfters weit trübseeligere gewesen. Das blühendste Zeitalter dieser Stadt fällt in das vierzehnte
und fünfzehnte Saeculum.
Würcklich lästig sind in unseren Tagen den Hauß Eignern die Brand Societäts Beyträge, welche, wann eine Schlesische Stadt durch Feuers Brunnst gelitten hat, zu Wiederherstellung der Gebäude,
nach der im Feuer Societäts Catastro
angesezten Höhe, von sämtlichen schlesischen Städten
geschehen müssen; ausgenommen Breslau das seine eigene Societät
hat. Zu Wahrnehmung der Feuer Lösch Anstalten sind in den Oertern
wo keine Garnison liegt, seit dem 1ten Januar 1777. besondere Feuer
Bürgermeister angesezt.
Jedoch sind vorbeschriebene
Beyträge weit verhältnismäßiger als die bey Kaiserlicher Regierung auf den Häusern gewesenen
Steuern, wie dann noch heut eine bekannte Sache, daß
das Hauß Nro. 16. am Marckt, eben so viel entrichten muste,
als das benachbarte Rittergut Siebeneichen.
Seit 1745. ist die Stadt im Frieden
von Soldaten Bequartierung frey;
auch so wie alle Gebürgs Oerter,
von dem Canton, das heußl.
Soldaten Gestellung zu einem gewissen Regiment eximirt.
Die Justitz
Pflege allhier, versehen als eine besondere Deputation des Raths, der Proconsul, der Syndicus und ein
Assessor. Diese Deputation steht in eigentlichen Rechts-Sachen unter der
Königlichen Ober Amts Regierung in Breslau, welche eben so wie diejenigen in
Glogau und Brieg, den Herrn Staats und Justitz
Minister von Danckelmann Excellentz
als Chef Praesidenten anerkennen müßen.
Was den Lehr-Stand betrifft, so feyern die Evangelisch Lutherischen ihren Gottes Dienst in
der Anno 1748. erbauten Kirche; und die Catholischen Glaubensgenoßen in der hiesigen uralten, dem Malteser
Ritter Orden gehörenden Stadt Pfarr Kirche. An der erstern stehen zwey Pastores, und die Schule ist mit drey
Lehrern versehen. Bey der leztern vertritt ein Vicarius, den eigentlichen Parochum,
Malteser Commandeur Grafen von Sinzendorff,
und die Schule ist mit zwey Lehrern besezt. Auch in der Minoriten Closter Kirche wird täglich Gottes Dienst gehalten.
Die Stadt genießet ziemlichen
Vorteil, von dem alle Montag seyenden Getraide Marckt, da das Getraide aus dem platten Lande herauf gebracht und von hier
in das weitere Gebürge vertrieben wird. Anjezt gilt der Breslausche Scheffel,
Roggen,
vom besten, 1. Reichsthaler 22. Silbergroschen
vom
schlechten, 1. Rthl. 10. Sg.
Waitzen,
2. Rthl. 10. Sg. bis 2. Rthl.
22. Sg.
Gerste,
1. Rthl. 10 Sg. bis 1. Rthl.
14. Sg.
Haafer, 20. Sg. bis 24. Sg.
Auf dem Marckt
wird aller Handel nach Sack geschloßen, deren einer,
anderthalb Bres-lausche Scheffel hält.
In den Sommern der Jahre 1782. und
1783. herrschte eine solche Dürre, deren die ältesten Leute, sich nicht
erinnern; und in dem von 1783. war durch viele Wochen ein beständiger
Heerrauch, daß öfters der Mittag einem Nebel-Morgen
glich; deßen Entstehung leiteten die Naturkündiger, von den, gedachten Jahres, in Calabrien und Sicilien, schrecklichst wüthenden Erdbeben
her. Darauf folgte von 1783. bis 1784. ein sehr harter und anhaltender Winter.
Zu der Stadt gehören, acht Dörfer, nahmentlich Nieder-Moys,
Nieder-Görisseiffen, Ober Rackwitz, Höfel, Ludwigsdorff,
Langenvorwerck, Hagendorff
und Ober Sirkwitz. In Nieder-Mois und Langenvorwerck besizt die Cämmerey Vorwercke, welche auf gewiße Jahre verpachtet worden. Das zu Ludwigsdorff
ingleichen das Ober Sirkwitzer,
sind dieses Jahr an die dasigen Gemeinden auf
Erbpacht ausgethan worden.
Das Wald Terrain der Stadt erstreckt
sich auf Sechs tausend drey hundert ein und achzig Morgen, und begreift: den großen Wald, der Haag
genannt, die Zeche bey Höfel, die Harthe
bey Langenvorwerk und den Busch bey
Nieder-Mois nebst dem Ziegeley Büschgen,
über welches alles die genauesten Plane, vorhanden sind.
Wir beendigen diese Nachrichten, mit
der Meldung, daß in dem, den 23ten May 1770. aufgesezten Knopf des Rathhauß Thurms, ebenfalls die Stadt betreffende Memorabilias,
beygelegt worden sind.
Die
probos mores docili juventae,
Die
senectuti placidae quietem,
Leorina genti date, remque prolemque, et decus omne.
Zum Beschluß
haben Wir gegenwärtiger Denckschrift, das große
silberne Insiegel Gemeiner Stadt beygedruckt, und Uns
wie vorgedacht selbständig unterschrieben.
Geschehen Löwenberg den 19ten October 1784.
Surland
Syndicus et Secretarius
(Die erwähnten Unterschriften fehlen in dieser Abschrift.)
Doris
Baumert