Das Löwenberger „Blücherfest“

 

Festrede zum 37. Heimattreffen des Kreises Löwenberg (Schl.) am 23./24. August 2014

 

2013 war das 200. Jubiläumsjahr für die Befreiung Schlesiens aus Feindeshand. Der Heimatbund hat zwar im vergangenen Jahr die Publikation „Das Blücherfest in Löwenberg 1813-2013“ herausgegeben, aber im Rahmen des Deutschlandtreffens der Schlesier konnte dieses Jubiläum und vor allem das daraus hervorgegangene „Blücherfest“ in der Kreisstadt Löwenberg nicht gebührend gewürdigt werden.

 

Kehren wir also zurück in das Jahr 1813: Die erfolgreiche Schlacht an der Katzbach war ausschlaggebend dafür, dass die Feinde am 30. August zwischen 16.00 und 17.00 Uhr die Stadt Löwenberg verließen. Anschließend verlegte der siegreiche General Gebhard Leberecht von Blücher sein Hauptquartier nach Löwenberg und ließ in der evangelischen Kirche ein „Te Deum“, also einen Dankgottesdienst, abhalten.

 

Auch die Bewohner Löwenbergs hatten stark unter den Drangsalen des Feindes gelitten, weshalb der Magistrat im Folgejahr eine Dankfeier am 30. August anberaumte, die morgens um 8:00 Uhr mit einer feierlichen Messe in der katholischen Kirche begann. Mittags wurden 215 hilfsbedürftige Personen gespeist und um 15:30 Uhr sang man auf dem Obermarkt Volkslieder. Um 16:00 Uhr begann ein Gottesdienst in der evangelischen Kirche, eben zu der Zeit, als die letzten Feinde ein Jahr zuvor die Stadt Löwenberg verließen. Im Anschluss daran wurde auf dem Markt das Loblied „Nun danket Alle Gott“ gesungen und vom Rathausturm mit Trompeten und Pauken begleitet. Für den Abend hatte der Magistrat zum öffentlichen Freudenfest im „Hotel du Roi“ eingeladen.

 

Der 30. August wurde zum Gedenktag in Löwenberg, an dem alljährlich ein Lob- und Dankfest, auch Befreiungsfest oder „Feier des 30. August“ genannt, abgehalten wurde. Der Name „Blücherfest“ begegnet uns zuerst im Jahr 1833 als Titel einer Veröffentlichung des praktischen Arztes Dr. August Hübner und wurde einige Jahre später auch vom Magistrat der Stadt Löwenberg übernommen.

 

Von 1814 bis 1938 hat das Fest einen großen Wandel erfahren: aus einer eintägigen Dankfeier aus purem Patriotismus wurde ein fünftägiges Volksfest, das Besucher weit über die Grenzen Löwenbergs hinaus anzog. Aus einer städtischen Gedenkfeier mit Gottesdienst wurde eine Veranstaltung mit Rummelplatz, Festkonzert, Theateraufführung, Frühschoppen und großem Feuerwerk. Aus einem Ausmarsch aus der Innenstadt in das „Ziegeleibüschel“ wurde ein historischer Festzug vom Rathaus durch die Stadt in die Anlagen des „Buchholz“.

 

Den veränderten Bedingungen wurde auch der Veranstaltungsort im Buchholz angepasst: aus einem einzigen Festplatz, dem „Blücherplatz“, wurde eine großzügige Anlage mit mehreren Plätzen. Die erste Blücherbüste aus Gusseisen, die 1833 anlässlich des 20jährigen Jubiläums aus einer hölzernen Pyramide in einen Obelisken eingesetzt wurde, musste im Jahr 1841 umgestellt werden, um der neuen Büste aus carrarischem Marmor zu weichen, die von Professor Rauch gefertigt und vom König Friedrich Wilhelm IV. der Stadt Löwenberg und der Gemeinde Plagwitz geschenkt wurde. Aufgrund der immer weiter steigenden Besucherzahl wurde aus einem Zelt zur Gästebewirtung zunächst eine stabile Baude mit Kellerlokal und 1861 ein gemütliches Restaurationsgebäude, dem Ende des 19. Jahrhunderts noch ein Wirtschaftsgebäude angefügt wurde.

Aber es gab auch Konstanten im Programmablauf: Die Festrede war durch all´ die Jahrzehnte ein wichtiger Bestandteil der Feier im Buchholz, die zunächst von einem Geistlichen gehalten wurde, später überwiegend von einem Lehrer oder Schulrat, aber auch mal von einem Magistratsmitglied. In der Reihe der Auserwählten finden wir ebenso 1921 den Stadtbaurat Möller, 1933 den Oberpräsidenten Brückner, 1934 den Landrat von Wietersheim und 1932 sogar den Grafen Hans von Nostitz aus Zobten, der ein Enkelsohn des Adjutanten von Feldmarschall Blücher war.

 

Der Choral „Nun danket Alle Gott“, der ursprünglich auf dem Markt gesungen wurde, eröffnete später den offiziellen Festakt im Buchholz. Auch das Lied „Heil Dir im Siegerkranz“ war lange Zeit fester Bestandteil der Feierlichkeit.

 

Die Jubiläen wurden immer mit besonderem Aufwand gefeiert, so zuerst die 20-Jahr-Feier im Jahr 1833 und im Anschluss die 25-Jahr-Feier im Jahr 1838 mit Feuerwerk und Illumination. Weniger bekannt ist bisher die Tatsache, dass noch im selben Jahr die Stadtverordneten-versammlung entschieden hatte, das Blücherfest für mindestens 5 Jahre auszusetzen. Doch nachdem 1839 keine Feier stattfand, wurde der Wunsch nach einer Feier schon im Jahr 1840 so groß, dass die Stadtverordnetenversammlung den Beschluss zur erneuten Abhaltung des Blücherfestes für jenes Jahr fasste, dafür aber aus Kostengründen auf das Bürgerschießen verzichtete.

 

Die 50jährige Jubiläumsfeier, das „goldene Blücherfest“, wurde 1863 gebührend gefeiert und das 75jährige Jubiläum erfreute sich bei schönstem Wetter einer größeren Teilnehmerzahl aufgrund der 1884 fertiggestellten Bahnlinie Löwenberg-Greiffenberg.

 

Dem Anlass der 100-Jahr-Feier entsprechend wurde im Jahr 1913 vier Tage lang mit großem historischen Festzug, Freikonzert, Freilichtspiel, Abendkonzert, brillantem Feuerwerk und Kinderfest gefeiert. Nach diesem umfangreichen Fest fand jedoch bedingt durch den 1. Weltkrieg von 1914 bis 1918 kein Blücherfest statt.

 

Zwischen den beiden Weltkriegen bekam das Blücherfest einen modernen Charakter und wurde auch bei auswärtigen Besuchern immer beliebter. Einen weiteren Höhepunkt mit noch umfangreicherem Programm als im Jahr 1913 bot die 125-Jahr-Feier im Jahr 1938. Man mag darin ein böses Omen sehen, denn wiederum folgte nach einem besonderen Jubiläum der Ausfall des Blücherfestes, denn die für 1939 geplante und vorbereitete Feier wurde aufgrund der Mobilmachung für den 2. Weltkrieg kurzfristig abgesagt.

 

In den vergangenen 200 Jahren wurde bereits viel über das Löwenberger Blücherfest publiziert und doch ist noch längst nicht alles zu Papier gebracht worden. Das Jubiläumsjahr 2013 bot sich an, bisher noch nicht veröffentlichte Informationen der ersten Jahrzehnte aus den Akten des Löwenberger Magistrats gemeinsam mit Berichterstattungen und Anzeigen aus den Zeitungen zusammenzustellen und mit Ansichten der Feierlichkeiten reich zu bebildern. Wenn es auch seit mehr als sieben Jahrzehnten das Löwenberger Blücherfest nicht mehr gibt, so bleibt durch die Veröffentlichung wenigstens die Erinnerung an diese besondere Feierlichkeit dauerhaft erhalten.

 

Doris Baumert, Stadtoldendorf